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Wie ist der Nachlass in Österreich geregelt?

Stefan Atz

VERFASST VON

Stefan Atz

2024-12-11

Lesezeit: 7 Minuten

Unter 'Nachlass' oder 'Verlassenschaft' versteht man in Österreich das gesamte Vermögen und alle Schulden einer verstorbenen Person. Benu – Bestattung und Vorsorge klärt darüber auf, was alles zum Nachlass einer Person gehört, und wer sich per Gesetz um die Verlassenschaft kümmern muss (Erbfolge etc).

Inhaltsverzeichnis

Was genau ist der Nachlass?

Ein Todesfall wirft viele Fragen auf. Zu diesem gehört auch die Frage, was mit dem Nachlass der verstorbenen Person passiert. Als Nachlass werden in Österreich alle Vermögensrechte und Verbindlichkeiten einer bzw. eines Verstorbenen bezeichnet. Gleichbedeutend mit Nachlass ist die Verlassenschaft bzw. die Erbmasse. 

Den Nachlass erhalten die Erben einer verstorbenen Person. Sollte die verstorbene Person in einem letzten Willen (Testament) keine Erben benannt haben, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Diese erfolgt in Österreich nach dem sog. Parentelsystem.

Übrigens: Selbst wenn die verstorbene Person ein Testament hinterlegt und darin bestimmt hat, dass die gesamte Erbmasse einer gemeinnützigen Stiftung oder einer nicht verwandten Person zukommen soll, so haben die nächsten Verwandten trotzdem Anspruch auf den sog. Pflichtteil

In den Pflichtteilsanspruch muss sich der Berechtigte aber bestimmte erhaltene Zuwendungen einrechnen lassen. Die einzige Möglichkeit, auch den Pflichtteil zu umgehen, ist eine Enterbung. Für eine solche muss allerdings ein triftiger Grund vorliegen.

Was fällt in den Nachlass (Österreich)?

Wenn jemand verstirbt, hinterlässt er oder sie in der Regel Vermögenswerte, welche als Nachlass bezeichnet werden. Das können etwa Sparguthaben, Aktien oder Immobilien sein, welche als aktive Vermögenswerte gelten. Sowohl das aktive als auch das passive Vermögen können Bestandteil des Nachlass eines Erblassers sein. Ebenfalls zur Verlassenschaft gehört der sog. Digitale Nachlass. Nach dem Todesfall eines Erblasser geht der Nachlass in den Besitz der Erben über.

Im Erbfall kommt es nach dem Erbrecht in Österreich zunächst zu einem sogenannten Verlassenschaftsverfahren, welches die Basis des österreichischen Erbrechts bildet und der Feststellung des Vermögensstandes der Verlassenschaft dient. 

Bei diesem Verfahren werden die Vermögenswerte des oder der Verstorbenen mit der sogenannten Einantwortung an die rechtmäßigen Erben übergeben. Außerdem gibt es im Rahmen der Verlassenschaft bestimmte Rechte, die mit dem Tod des Erblassers nicht erlöschen, sondern auf die Erben übergehen

Welche Rechte zählen zum Nachlass?

Es gibt sowohl Rechte, die mit dem Tod erlöschen, als auch Rechte, die auf die Erben übertragen werden können. So sind privatrechtliche Vermögensrechte wie ein Unternehmen, vertragliche Ansprüche und Patent- und Urheberrechte genauso vererblich wie Ansprüche aus Ablebens- und Unfallversicherungen sowie Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche. Weitere Rechte, die zum Nachlass zählen, sind:

  • Schmerzensgeldansprüche
  • Schadensersatzansprüche
  • Ansprüche aus Versicherungen (Ablebensversicherung, Unfallversicherung), die keinen Begünstigten haben
  • das Erbrecht an sich, damit einhergehend aber auch Pflichtteilsansprüche und Ansprüche anderer aus einem Vermächtnis
  • Miet- und Pachtrechte (Sonderrechtsnachfolge)
  • Sonderrechtsnachfolge bei Abfertigungsansprüchen
  • Pensionsansprüche (Witwenspension)
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Was fällt nicht in den Nachlass?

Dahingegen nicht vererblich sind Gewerbeberechtigungen, Berufstitel und Berufsausübungsrechte, Familien- und Persönlichkeitsrechte, sowie noch nicht vollzogene Freiheits- oder Geldstrafen. Zu den unvererblichen Rechten eines Nachlasses beziehungsweise einer Verlassenschaft zählen darüber hinaus:

  • Familienrechte
  • Persönlichkeitsrechte
  • Geldstrafen
  • Freiheitsstrafen
  • Berufsausübungsrechte und Berufstitel
  • Gewerbeberechtigungen

Was ist die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge tritt für den Fall in Kraft, dass die bzw. der Verstorbene keine Regelung getroffen hat, also weder ein Testament noch einen Erbvertrag verfasst hatte. Das vererbbare Vermögen wird der Ehegattin/dem Ehegatten und den nächsten Verwandten zugewiesen. Dieses System der gesetzlichen Erbfolge nennt sich Parentelsystem, bei dem das Erbe zunächst innerhalb der engen Familie aufgeteilt wird, also den Ehepartnern und den Kindern.

Sollten keine testamentarischen oder gesetzlichen Erben und auch keine Vermächtnisnehmer vorhanden sein, erbt die Republik Österreich. Der Nachlass wird dann heimfällig genannt.

Was ist die Erbschaftssteuer?

Die Erbschaftssteuer besteuert den Übergang von Vermögenswerten einer verstorbenen Person an die Erbin/den Erben. Hierzulande fällt allerdings seit dem 01. August 2008 keine Erbschaftssteuer mehr an. Jeder Erwerb von Grundstücken, also auch der Erwerb von Todes wegen als Nachlass, unterliegt aber der Grunderwerbssteuer.

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Wer muss sich um den Nachlass kümmern?

Im Falle eines Ablebens wird vom Bezirksgericht grundsätzlich automatisch ein sog. Verlassenschaftsverfahren eingeleitet. Das Bezirksgericht wird dabei vom Standesamt verständigt, sobald der Tod einer Person dort gemeldet wurde und bestellt anschließend einen Notar (in diesem Fall als Gerichtskommissär bezeichnet), welcher mit der Abwicklung des Nachlasses betraut wird.

Wenn sich alle beteiligten Hinterblieben einig sind, so ist auch das Einsetzen eines von der von allen Erben gemeinsam gewählten Notars als Verfahrensführer möglich – dieser wird dann als Erbenmachthaber bezeichnet.

Der Zweck eines solchen Verlassenschafts­verfahrens ist:

  1. die Verlassenschaft den rechtmäßigen Erben zu übergeben,
  2. die Rechte minderjähriger Hinterbliebener zu wahren und
  3. die Erfüllung des letzten Willens der bzw. des Verstorbenen zu überwachen.

Übrigens tragen die Erben im Rahmen des Nachlasses auch eine gewisse Verantwortung und sind z.B. dazu verpflichtet, sich ggf. um die Haushaltsauflösung zu kümmern. Darüber hinaus sind sie verantwortlich für die Bestattungsplanung und tragen auch die Kosten der Beisetzung.

Welche unterschiedlichen Arten des Erbantritts gibt es?

Unbedingte Erbantrittserklärung

  • Durch Unterzeichnen einer sogenannten unbedingten Erbantrittserklärung haftet der Erbe mit seinem eigenen Vermögen unbeschränkt für sämtliche Schulden des Verstorbenen.
  • Anders als bei einer bedingten Antrittserklärung wird keine genaue Inventarliste erstellt. Stattdessen dient eine sogenannte Vermögenserklärung, welche zuvor vom Notar erstellt wird, als Grundlage für das Verfahren. Die Erben geben zuvor an, dass diese Aufstellung nach ihrem Wissen vollständig und richtig sind.
  • Sofern mehrere Erben vorhanden sind, haften diese für die Schulden solidarisch: Kann einer der Erben seiner Verpflichtung nicht nachkommen, so müssen die weiteren Erben diese übernehmen.
  • Diese Form der Antrittserklärung ist vor allem dann passend, wenn man sehr genau über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen informiert ist und die Chance für unangenehme Überraschungen dementsprechend gering ist.

Bedingte Erbantrittserklärung

  • Bei dieser Form der Antrittserklärung nimmt der Erbe die Verlassenschaft mit Vorbehalt an.
  • Persönlich haftet der Erbe dabei nur bis zum Wert der ihm zukommenden Verlassenschaft und auch nur entsprechend seiner Erbquote.
  • Der Wert der Verlassenschaft wird in diesem Fall durch Aufstellung eines sogenannten Inventars genau ermittelt. Die einzelnen Bestandteile der Verlassenschaft werden dabei auch durch Sachverständige bewertet, die Inventaraufstellung ist daher mit entsprechenden Kosten verbunden, welche von den Erben zu tragen sind.
  • Empfehlenswert ist ein solches Vorgehen vor allem dann, wenn die genauen Vermögensverhältnisse des Verstorbenen zunächst noch unklar sind.

Muss ich beim Erben Schulden übernehmen?

Ja, auch Schulden der bzw. des Verstorbenen sind vererblich. Dazu zählen unter anderem Steuerschulden, fällige Versicherungsprämien und Sozialversicherungsbeiträge. Aus diesem Grund sollten Sie vor Antritt des Erbes größte Vorsicht wahren und sich vor Unterzeichnung der Erbantrittserklärung genau informieren.

Es empfiehlt sich, bei unklaren Vermögensverhältnissen (oder wenn bereits bekannt ist, dass der Verstorbene z.B. hoch verschuldet war), das Erbe entweder auszuschlagen oder nur bedingt anzunehmen. Mehr zum sogenannten Erbverzicht lesen Sie hier.

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Unverbindlicher Kostenvoranschlag

Quellen

Oesterreich.gv.at: Abwicklung eines Verlassenschaftsverfahrens (Link)

Erbrechtsinfo.at: Verlassenschaft § Ablauf, Ansprüche & Rechte (Link)